Eine Nachlasspflegschaft wird vom örtlich zuständigen Nachlassgericht angeordnet und ein Nachlasspfleger eingesetzt, wenn ein Todesfall bekannt wird, bei dem zwar Vermögen vorhanden, aber ein Erbe nicht ohne weiteres erkennbar bzw. herauszufinden ist. Das ist z.B. dann der Fall, wenn der Erblasser keine lebenden Abkömmlinge ( Kinder, Enkel, Urenkel, etc.), Eltern oder Großeltern und auch keinen lebenden Ehegatten hat.
In solchen Fällen erben die Geschwister des Erblassers oder deren Nachkommen und falls der Erblasser selbst Einzelkind war, also keine Geschwister vorhanden sind, die Geschwister der Eltern oder deren Abkömmlingen. Ist also z.B. der Erblasser 90 Jahre alt, Einzelkind und um 1925 geboren so muss nach den Geschwistern der Eltern, diese wahrscheinlich vor 1900 geboren, und deren Abkömmlingen gesucht werden, wozu dann zahlreiche Geburts-, Sterbe- und Heiratsurkunden aller, auch der bereits verstorbenen Verwandten gesucht werden, denn der Nachweis der Erbfolge muss durch Originalurkunden oder durch beglaubigte Kopien nachgewiesen werden.
Besondere Schwierigkeiten ergeben sich hierbei vor allen wenn der Erblasser selbst oder alle oder einige seiner erbrechtlich relevanten Verwandten in den ehemalig deutschen aber nach den Weltkriegen abgetrennten und heute zu anderen Saaten gehörenden Gebieten geboren wurden. Dann müssen häufig die Urkunden in Polen, Rumänien, Tschechien, Estland, Litauen, Lettland, Russland und weiteren Staaten besorgt werden.
Häufig sind die Bestände der damaligen Standesämter im oder nach dem Krieg zerstört worden, so dass es besonderer Kenntnisse oder Verbindungen bedarf um die Verwandtschaftsbeziehungen überhaupt herauszufinden und/oder die Urkunden zu beschaffen. Die von den Gerichten eingesetzten Nachlasspfleger verfügen i.d.R. über langjährige Kenntnisse im Herausfinden von Verwandtschaftsbeziehungen und bei der Beschaffung von Urkunden. Die Voraussetzungen der Bestellung des Nachlasspflegers ergeben sich aus den §§ 1960 ff. BGB.
(1) Bis zur Annahme der Erbschaft hat das Nachlassgericht für die Sicherung des Nachlasses zu sorgen, soweit ein Bedürfnis besteht. Das Gleiche gilt, wenn der Erbe unbekannt oder wenn ungewiss ist, ob er die Erbschaft angenommen hat.
Das Nachlassgericht hat in den Fällen des § 1960 Abs. 1 einen Nachlasspfleger zu bestellen, wenn die Bestellung zum Zwecke der gerichtlichen Geltendmachung eines Anspruchs, der sich gegen den Nachlass richtet, von dem Berechtigten beantragt wird.
Der Nachlasspfleger hat u.a. den Nachlass in Besitz zu nehmen, zu sichern und zu verwalten, wobei die Sicherung des bestehenden Nachlass, nicht die optimale wirtschaftliche Verwertung im Vordergrund steht.
unbekannte Erben zu ermitteln, soweit diese ermittelbar sind, und die Erbfolge anhand von Urkunden lückenlos nachzuweisen/p>
Erblasserschulden und Todesfallkosten zu regulieren, die Erbschaftssteuererklärung abzugeben, die Erbschaftssteuer zu begleichen und den Reinnachlass nach Feststellung der Erben und Erteilung des Erbscheins an diese zu vertei
Die Vergütung des Nachlasspflegers wird entweder zwischen Nachlasspfleger und den Erben ausgehandelt oder, wenn sich die Parteien nicht einigen können vom Nachlassgericht festgesetzt. Je nach Landgerichtsbezirk wird entweder die Vergütung nach Prozentpunkten vom Nachlass festgesetzt oder nach Stundenaufwand abgerechnt. Die Vergütung nach Prozenten kann je nach Arbeitsaufwand, Schwierigkeit und Höhe des Nachlass zwischen 3 % und 10 % des Nachlass betragen, die Stundensätze je nach Landgerichtsbezirk zwischen ca. 50 € und 120 € ggf. zzgl. Umsatzsteuer.
(1) Die Nachlassverwaltung ist von dem Nachlassgericht anzuordnen, wenn der Erbe die Anordnung beantragt.
(2) Auf Antrag eines Nachlassgläubigers ist die Nachlassverwaltung anzuordnen, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass die Befriedigung der Nachlassgläubiger aus dem Nachlass durch das Verhalten oder die Vermögenslage des Erben gefährdet wird. Der Antrag kann nicht mehr gestellt werden, wenn seit der Annahme der Erbschaft zwei Jahre verstrichen sind.
Die Einsetzung eines Nachlassverwalters ist eher selten der Fall.
Ist der Nachlass überschuldet, liegt Zahlungsunfähigkeit bereits vor oder droht die Zahlungsunfähigkeit des Nachlass, so kann die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens beantragt werden. Liegt Überschuldung vor, wird die Eröffnung mangels Masse abgelehnt und der Erbe haftet nicht mit seinem eigenen Vermögen für Schulden des Nachlass. Ist Masse vorhanden, wird ein Insolvenzverwalter eingesetzt, der den Nachlass abwickelt und ggf. den Restnachlass an die Erben auszahlt. Will der Erbe eines zahlungsunfähigen aber nicht überschuldeten Nachlass das Erbe nicht ausschlagen oder ist er nicht sicher, ob der Nachlass überschuldet ist, so kann er also alternativ auch das Nachlassinsolvenzverfahren einleiten. Der Erbe muss allerding sofort nach Kenntnis der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit das Insolvenzverfahren einleiten. Es besteht sonst die Gefahr dass er für einen Schaden, den er durch den verspäteten Insolvenzantrag verursacht haftet.
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Das Nachlassgericht hat dem Erben auf Antrag ein Zeugnis über sein Erbrecht und, wenn er nur zu einem Teil der Erbschaft berufen ist, über die Größe des Erbteils zu erteilen (Erbschein)
Der Erbschein dient dem Schutz des guten Glaubens der Öffentlichkeit und der Geschäftspartner des Erben. Diese können sich bei Geschäften mit dem Erben bzw. dem Nachlass auf den Erbschein berufen. Bei Unrichtigkeit des Erbscheins muss der später als Erbe ausgewiesene Erbe sich die Geschäfte des sog. Scheinerben zurechnen lassen. Er kann aber ggf. von diesem Schadensersatz beanspruchen. Die Vorlage eines Erbscheins wird in der Regel von Banken, Versicherungen verlangt und vom Grundbuchamt zwecks Grundbuchberichtigung. Ein Erbschein ist nur dann nicht nötig wenn ein notarielles Testament mit Eröffnungsprotokoll des Nachlassgerichts vorgelegt werden kann und wenn aus dem Testament die Erbfolge eindeutig erkennbar ist. Gegen den Erlass des Erbscheins kann Beschwerde eingelegt werden.
Der Erbschein begründet nicht etwa die Erbenstellung, sondern bescheinigt diese nur. Trotz eines Erbscheins kann daher ggf. geklagt werden und das zuständige Prozessgericht die Erbenstellung anders als das für die Erbscheinerteilung zuständige Nachlassgericht feststellen. Es kann auch z.B. nach Erteilung des Erbscheins ein weiteres Testament auftauchen oder ein anderer gesetzlicher Erbe bekannt werden und der Erbschein dann der materiellen Rechtslage widersprechen. Der Erbschein ist dann unrichtig und muss eingezogen werden. Es wird dann ein neuer berichtigter Erbschein erteilt.
Der Erbschein hat also nur eine deklaratorische Wirkung und bei Streit um das Erbrecht kann der durch den Erbschein ausgewiesene Erbe aus der Erteilung des Erbscheins kein Erbrecht ableiten. Das Erbrecht muss ggf. in einem Gerichtsverfahren festgestellt und der dann falsche Erbschein eingezogen werden.
(1) Die Ausschlagung kann nur binnen sechs Wochen erfolgen.
(2) Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem der Erbe von dem Anfall und dem Grund der Berufung Kenntnis erlangt. Ist der Erbe durch Verfügung von Todes wegen berufen, so beginnt die Frist nicht vor der Verkündung der Verfügung. (...)
Das Erbe kann gem. § 1944 BGB binnen einer Frist von 6 Wochen ausgeschlagen werden. Allerdings erfolgt die Ausschlagung nicht selten voreilig, wenn der Erbe glaubt, der Nachlass sei überschuldet. Ist z.B. nicht eindeutig bekannt, dass der Nachlass überschuldet ist oder ist zwar Vermögen vorhanden, so stehen auch andere Möglichkeiten zur Verfügung.
Er kann aber auch das Erbe annehmen, wenn er den Bestand des Erbes nicht genau kennt und die Annahme anfechten, wenn sich dann herausstellt, dass doch Nachlassvermögen vorhanden war. Umgekehrt kann er auch die Ausschlagung anfechten, wenn sich herausstellt, dass entgegen seiner Annahme doch Nachlassvermögen vorhanden ist. Anfechtung der Annahme oder der Ausschlagung erfolgen gem. §§ 1949 ff., 1954 ff. und 1957 ff. BGB. Sie muss allerding binnen 6 Wochen nach Kenntnis der anderen als ursprünglichen angenommenen Tatsachen erfolgen. Wichtig ist, dass es sich wirklich um neue Tatsachen, also z.B. um eine ursprünglich nicht bekannte und jetzt bekannt gewordene Geldanlage, eine ursprünglich nicht bekannte Ferienwohnung o.ä. handelt, nicht lediglich um eine andere Bewertung ursprünglich bereits bekannter Umstände. Weder Ausschlagung noch Anfechtungen sollten, außer in eindeutigen Fällen, ohne vorherige rechtliche Beratung erfolgen
Rechtsanwalt Matthias Bock:Rechtsanwalt * Nachlasspfleger
Rechtsanwalt Stephan Heupel-Wichmann: Rechtsanwalt * zertifizierter Testamentsvollstrecker * Fachanwalt für Erbrecht * Fachanwalt für Sozialrecht
Unser Büro ist seit 2005 fast ausschließlich in erbrechtlichen Sachen jeder Art tätig. Wir arbeiten als Fachanwalt für Erbrecht, als Testamentsvollstrecker, als Nachlasspfleger und familienrechtlich als Ergänzungspfleger und Ergänzungsbetreuer bei erbrechtlichen Problemstellungen.
Seit 2005 wird Rechtsanwalt Matthias Bock regelmäßig in Bochum, Essen, Hattingen und Witten zum Nachlasspfleger bestellt und verwaltete die Nachlässe bis zur Übergabe an die Erben. Rechtsanwalt Stephan Heupel-Wichmann leitet die Suche nach den nicht bekannten Erben. Die Vorbereitung von Erbscheinanträgen, die Beratung und Vertretung bei Erbausschlagungen und Anfechtung von Erbausschlagungen, sowie die Einleitung von Nachlassinsolvenzverfahren bei überschuldeten Nachlässen gehört zu den ständigen Tätigkeiten. Wir beraten und vertreten auch Sie gerne anwaltlich in Angelegenheiten rund um Nachlasspflegschaften, Nachlassinsolvenzen, Erbausschlagungen Erbscheinverfahren oder unterstützen Sie bei der Suche von Erben und Miterben und bei der Urkundenbeschaffung.