Pflichtteil und Pflichtteilergänzung | Zugewinnausgleich des Ehegatten

Gesetzlicher Pflichtteil * Pflichtteil des Ehegatten * Pflichtteil des geschiedenen unterhaltsberechtigten Ehegatten * Pflichtteil bei Adoption * Zugewinnausgleich des Ehegatten

Das Pflichtteilsrecht ist in §§ 2303 ff BGB geregelt. Weiter sind immer auch eventuelle Pflichtteilsergänzungsansprüche nach §§ 2325 ff. BGB und bei Ehegatten die Zugewinnausgleichsansprüche gem. § 1371 ff. BGB zu beachten.

Gesetzlicher Pflichtteil

Der gesetzliche Pflichtteil ist ein Anspruch bestimmter enger Verwandter eines Verstorbenen für den Fall, dass sie enterbt werden oder nur einen sehr viel geringeren Erbanteil erhalten als ihm sonst laut Gesetz zustehen würde. Der Anspruch richtet sich also gegen den durch Testament eingesetzten Erben.

Pflichtteilsberechtigt sind aber nicht alle Verwandten sondern nur bestimmte im Gesetz ausdrücklich genannte Verwandte eines Erblassers. Dazu gehören vor allem die Abkömmlinge ( Kinder, Enkel, Urenkel, usw ) wobei die lebenden näheren Abkömmlinge die weiter entfernten ausschließen. Kinder erben vor den eigenen Kindern, also den Enkeln. Sind z.B. 3 Kinder vorhanden, von denen eins als Alleinerbe eingesetzt wurde und eins bereits vorverstorben ist, selbst aber 2 Kinder hinterlassen hat, so ist das eingesetzte Kind Alleinerbe, das lebende enterbte Kind erhält seinen Pflichtteil und die beiden Kinder des bereits verstorbenen Kindes teilen sich dessen Pflichtteil.

Pflichtteilsberechtigt ist außerdem die nicht geschiedene Ehefrau. Weiter pflichtteilsberechtigt, allerdings nur für den Fall, dass der Erblasser keine Abkömmlinge also keine Kinder oder Enkel hatte, dessen Eltern, falls sie noch leben. Es gibt keine weiteren Pflichtteilsberechtigten außer Abkömmlingen, der Ehefrau und den Eltern.

§ 2303 BGB Pflichtteilsberechtigte; Höhe des Pflichtteils
(1) Ist ein Abkömmling des Erblassers durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen, so kann er von dem Erben den Pflichtteil verlangen. Der Pflichtteil besteht in der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils.

(2) Das gleiche Recht steht den Eltern und dem Ehegatten des Erblassers zu, wenn sie durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen sind. Die Vorschrift des § 1371 bleibt unberührt

Der Pflichtteilsanspruch ist immer ein Geldanspruch und gegen den eingesetzten Erben gerichtet, begründet aber keine dingliche Beteiligung am Erbe. Der Pflichtteilsberechtigte kann immer nur eine bestimmte Geldsumme verlangen und zwar in Höhe von ½ dessen, was ihm als Erbe am Wert des Reinnachlass ( siehe Erbteil ) zustehen würde. Nur ausnahmsweise ist das nicht der Fall, nämlich wenn der Pflichtteilsberechtigte zwar als Miterbe eingesetzt wurde, der Erbteil aber geringer ist als sein Pflichtteil. Dann kann er Aufstockung bis zur Höhe seines Pflichtteils verlangen, bleibt aber im Übrigen - dinglich berechtigter – Miterbe.

§ 2316 BGB Ausgleichungspflicht
(1) ...
(2) Ist der Pflichtteilsberechtigte Erbe und beträgt der Pflichtteil nach Absatz 1 mehr als der Wert des hinterlassenen Erbteils, so kann der Pflichtteilsberechtigte von den Miterben den Mehrbetrag als Pflichtteil verlangen, auch wenn der hinterlassene Erbteil die Hälfte des gesetzlichen Erbteils erreicht oder übersteigt.
(3) ...

Setzt der Erblasser also eines seiner zwei Kinder zu einem Anteil von 1/5 als Erbe ein, so kann dieses Aufstockung des Erbteils bis auf den Wert von ¼ des Reinnachlass verlangen, da sein Pflichtteil ¼ wäre. Bzgl. des Aufstockungsbetrages hat er nur einen Anspruch auf Auszahlung in Geld. Zu 1/5 ist er dinglich berechtigt an allen Bestandteilen des Nachlass.

Natürlich können sich Erbe und Pflichtteilsberechtigter jederzeit auf eine andere Form der Erfüllung des Pflichtteilsanspruchs einvernehmlich einigen. Statt der Geldzahlung kann z.B. ein Wohnrecht eingeräumt oder eine Eigentumswohnung aus dem Nachlass übertragen werden o.ä.
Häufigstes Problem beim Pflichtteil ist i.d.R. ausreichende Informationen über die Zusammensetzung und den Wert des Nachlass zu bekommen um dann zu bestimmen wie hoch der Reinnachlass oder der fiktive Nachlass ( siehe Pflichtteilsergänzung ) tatsächlich ist, aus dem der Pflichtteil dann errechnet wird. Hierfür stehen dem Pflichtteilsberechtigten verschiedene Auskunftsansprüche gegen den Erben zu.

§ 2314 BGB Auskunftspflicht des Erben
(1) Ist der Pflichtteilsberechtigte nicht Erbe, so hat ihm der Erbe auf Verlangen über den Bestand des Nachlasses Auskunft zu erteilen. Der Pflichtteilsberechtigte kann verlangen, dass er bei der Aufnahme des ihm nach § 260 vorzulegenden Verzeichnisses der Nachlassgegenstände zugezogen und dass der Wert der Nachlassgegenstände ermittelt wird. Er kann auch verlangen, dass das Verzeichnis durch die zuständige Behörde oder durch einen zuständigen Beamten oder Notar aufgenommen wird.
(2) Die Kosten fallen dem Nachlass zur Last.

Pflichtteilergänzungsanspruch

Hat ein Erblasser vor seinem Tod Vermögen verschenkt, so kann der Wert der Schenkung den Pflichtteil nach dem Todesfall erhöhen, sofern die Schenkung nicht weiter als 10 Jahre zurückliegt. Der dem Nachlass hinzuzurechnende Wert der Schenkung wird mit jedem Jahr seit der Schenkung abgeschmolzen. Kein Anspruch besteht mehr, wenn mehr als 10 Jahre vergangen sind. Bei den Fristenberechnungen ist aber Vorsicht geboten, denn es gibst Fälle bei den der Fristlauf mit der Schenkung nicht zu laufen beginnt, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt oder sogar erst mit Eintritt des Todesfalles.

§ 2325 Pflichtteilsergänzungsanspruch bei Schenkungen
(1) Hat der Erblasser einem Dritten eine Schenkung gemacht, so kann der Pflichtteilsberechtigte als Ergänzung des Pflichtteils den Betrag verlangen, um den sich der Pflichtteil erhöht, wenn der verschenkte Gegenstand dem Nachlass hinzugerechnet wird.
(2) Eine verbrauchbare Sache kommt mit dem Werte in Ansatz, den sie zur Zeit der Schenkung hatte. Ein anderer Gegenstand kommt mit dem Werte in Ansatz, den er zur Zeit des Erbfalls hat; hatte er zur Zeit der Schenkung einen geringeren Wert, so wird nur dieser in Ansatz gebracht.
(3) Die Schenkung wird innerhalb des ersten Jahres vor dem Erbfall in vollem Umfang, innerhalb jedes weiteren Jahres vor dem Erbfall um jeweils ein Zehntel weniger berücksichtigt. Sind zehn Jahre seit der Leistung des verschenkten Gegenstandes verstrichen, bleibt die Schenkung unberücksichtigt. Ist die Schenkung an den Ehegatten erfolgt, so beginnt die Frist nicht vor der Auflösung der Ehe.

 

 

Zugewinnausgleich

Dem Ehegatten steht neben seinem ¼ Erbanteil noch der sogenannte pauschalisierte Zugewinnausgleich zu.

§ 1371 BGB Zugewinnausgleich im Todesfall
(1) Wird der Güterstand durch den Tod eines Ehegatten beendet, so wird der Ausgleich des Zugewinns dadurch verwirklicht, dass sich der gesetzliche Erbteil des überlebenden Ehegatten um ein Viertel der Erbschaft erhöht; hierbei ist unerheblich, ob die Ehegatten im einzelnen Falle einen Zugewinn erzielt haben.

Ist ein Ehegatte enterbt und nur auf den Pflichtteil verwiesen, so ist immer zu bedenken, dass wahrscheinlich auch noch ein Anspruch auf ehelichen Zugewinnausgleich besteht. Der zu dem Pflichtteil hinzukommen kann. De Zugewinnausgleichsanspruch kann insbesondere bei Ehen, die fast lebenslang bestanden haben, dazu führen, dass dem Ehegatten als Zugewinn ½ des Wertes des Erbes zusteht.

§ 1371 BGB Zugewinnausgleich im Todesfall

(1) ...
(2) Wird der überlebende Ehegatte nicht Erbe und steht ihm auch kein Vermächtnis zu, so kann er Ausgleich des Zugewinns nach den Vorschriften der §§ 1373 bis 1383, 1390 verlangen; der Pflichtteil des überlebenden Ehegatten oder eines anderen Pflichtteilsberechtigten bestimmt sich in diesem Falle nach dem nicht erhöhten gesetzlichen Erbteil des Ehegatten.

(3) Schlägt der überlebende Ehegatte die Erbschaft aus, so kann er neben dem Ausgleich des Zugewinns den Pflichtteil auch dann verlangen, wenn dieser ihm nach den erbrechtlichen Bestimmungen nicht zustünde; dies gilt nicht, wenn er durch Vertrag mit seinem Ehegatten auf sein gesetzliches Erbrecht oder sein Pflichtteilsrecht verzichtet hat.

(4) Sind erbberechtigte Abkömmlinge des verstorbenen Ehegatten, welche nicht aus der durch den Tod dieses Ehegatten aufgelösten Ehe stammen, vorhanden, so ist der überlebende Ehegatte verpflichtet, diesen Abkömmlingen, wenn und soweit sie dessen bedürfen, die Mittel zu einer angemessenen Ausbildung aus dem nach Absatz 1 zusätzlich gewährten Viertel zu gewähren.

Das kann zu sehr unerwünschten Folgen führen. Enterbt bei einem Kinderlosen Ehepaar ein Ehegatte z.B. in bester Absicht seine im Pflegeheim lebende an Demenz erkrankte Ehefrau und setzt seine Nichte ein, um zu verhindern dass die Ehefrau das Erbe vollständig für die Pflegeheimkosten einsetzen muss, so wird diese im Ergebnis ¾ des Wertes des Nachlass erhalten.

Der Schutz des Nachlassvermögens wäre effektiv stattdessen mit einem Behindertentestament erreicht worden, bei dem Vorerbschaft und Nacherbschaft, Vermächtnisse und Testamentsvollstreckung kombiniert werden.


Darüber hinaus gibt es beim Pflichtteil noch einige spezielle Probleme, die hier nur angerissen werden sollen.

Pflichtteil der geschiedenen unterhaltsberechtigten Ehefrau (§ 1586 b BGB)
Die geschiedene Ehefrau, die vom Verstorbenen bis zu dessen Tod Unterhaltszahlungen erhalten hat, kann den Unterhalt vom Erben weiter verlangen und zwar bis zu der Höhe des Pflichtteils, den die Ehefrau erhalten hätte, wenn die Ehe nicht geschieden worden wäre.

Pflichtteil bei Adoption
Ein adoptiertes Kind kann möglicherweise keinen Pflichtteilsanspruch beim Tod der Adoptionseltern ( sog. Annehmende ) haben, wenn die Adoption vor dem 1.1.1977 erfolgt ist und die Adoptiveltern die Wirkungen des Adoptionsgesetzes vom 1.1.1977 ausgeschlossen haben.

War das Kind am 1.1.1977 bereits volljährig, gelten ohnehin die Wirkungen des alten Adoptionsrechtes. Danach beerbt das adoptierte Kind auch seine leiblichen Eltern. Es beerbt ebenso dann seine Adoptiveltern, außer im ( nach altem Recht vorgeschriebene ) Adoptionsvertrag wäre eine andere Regelung getroffen worden. ( was aber überwiegend nicht der Fall war ). Es beerbt nicht die übrige Verwandtschaft der Adoptiveltern ( Großeltern, Geschwister der Adoptiveltern, leibliche Kinder der Adoptiveltern ).

Rechtsanwälte Heupel-Wichmann und Bock

Rechtsanwalt Matthias Bock:              Rechtsanwalt * Nachlasspfleger
Rechtsanwalt Stephan Heupel-Wichmann:     Rechtsanwalt * zertifizierter Testamentsvollstrecker * Fachanwalt für Erbrecht * Fachanwalt für Sozialrecht

Unser Büro ist seit 2005 fast ausschließlich in erbrechtlichen Sachen jeder Art tätig. Wir arbeiten als Fachanwalt für Erbrecht, als Testamentsvollstrecker, als Nachlasspfleger und familienrechtlich als Ergänzungspfleger und Ergänzungsbetreuer bei zahlreichen Angelegenheiten, in denen Pflichtteilsrechte streitig sind. Rechtsanwalt Heupel-Wichmann ist als Fachanwalt für Erbrecht fortlaufend mit Pflichtteilsstreitigkeiten befasst und wird außerdem seit mehr als 20 Jahren regelmäßig vom Amtsgericht Bochum und in angrenzenden Gerichtsbezirken auch zum Ergänzungsbetreuer und Ergänzungspfleger für Erbrechtliche und Pflichtteilssachen bestellt.

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